Liebe Bella, ich möchte Ihnen noch eine etwas ausführlichere Darstellung zur Narbenbildung und der Nachbehandlung zukommen lassen. Das generische Modell der Wundheilung kann in drei Hauptprozesse unterteilt werden: Entzündung, Proliferation und Remodeling (oder Reifung). Die Entzündung beginnt mit Störungen in den Kapillarblutgefäßen und der Induktion der hämostatischen Kaskade. Wir als Plastische Chirurgen versuchen während jeder dieser sich überkreuzenden Prozesse, alles zu optimieren, damit die Vernarbung so gut wie möglich aussieht und funktioniert. Während des Vernarbungsprozesses bei der Brustvergrösserung bekommt die Haut durch Erhöhung des Volumens in der Brust zusätzlichen Dehnungstress, sodass durch die Mechanorezeptoren in unseren Zellen die Proliferation von Myofibroplasten siganlisiert wird, die eine überschüssige Menge von Kollagen ablagern. Es gibt verschiedene Patienten und folglich individuelle genetische Voraussetzungen, die die Vernarbung beinflussen wie Alter, Hautfarbe, Trockenheit der Haut, hypertrophische Narbenneigung, und äußere Faktoren wie Spannung, Infektion, chronische Entzündung, Reibung, Ischemie, verschiedene äußerlich benutzte chemische Stoffe und von Ihnen abhängige Faktoren (wie Alkohol, Nikotin, schlechte Ernährungszustand, Hydratation, Diabetes mellitus und andere chronische Erkrankungen) sowie Sonnen und andere UV Bestrahlung.
Um die Narbe zu verbessern und fast unsichtbar zu machen ist meine Strategie:
1. Präoperativ
Inzisionspositionsplanung: Ich benutze alle 3, transaxilär, inframmammari oder paramammaläonär. Bei der inframammären Inzision versuche ich, in der Positionsplanung die untere Brustfalte zu nehmen. Die Länge der Inzision ist von den geplanten Implantaten abhängig, sie soll möglichst klein sein, aber groß genug, damit die
Implantate reinpassen. Jeder Patient muss individuell gesehen werden und wir entscheiden dann, welche Inzisionen und Prothesen zusammenpassen. Letzteres ist von vielen Faktoren abhängig. Falls Patienten rauchen, sollten Sie mindestens 4-6 Wochen vor der Operation damit aufhören.
2. Intraoperativ
Eine gute Gewebehandhabung ist wichtig. Die Erfahrung umfasst die altehrwürdigen Inzisionsentwürfe, die in verschiedenen Bereichen der Chirurgie eingesetzt werden sowie intraoperative Techniken, die beschrieben werden - Asepsis, Fehlen von Spannung, genaue Annäherung, Vermeidung von roher Oberfläche und atraumatische Gewebehandhabung.
Empfindliche Instrumente zwingen die Bedienungspersonen, so wenig Zug und Quetschung als Vereinigungskraft zu verwenden, wie benötigt werden, um die Wundkanten zu behandeln. In gleicher Linie werden die kleinsten Nähte, die die Wundspannung adäquat überwinden können, in allen Näherungsschichten verwendet. Ich benutze langhaltende resorbierbare Nähte, die dem Zug über der Haut längstmöglich standhalten. Bei jedem Hautverschluss muss sich der Chirurg daran erinnern, dass die Rolle der Naht "Annäherung ohne Spannung" ist. Es ist die Aufgabe der Fibroblasten und Kollagenfasern – nicht des Nahtmaterials - die Wunde zusammen zu halten. Um die Spannung auf die Dermis zu verkleinern, muss eine adäquate Mobilisierung sowie Fascienschichtverschluss mit langresorbierbaren Nähten erfolgen.
3. Postoperativ
a) Postoperative Betreuung in den ersten Tagen
Es ist bekannt, dass Verbandmaterialien die postoperative chirurgische Wundheilung und Narbenbildung beeinflussen. Ich benutze nach dem Verschluss Schaumverbände, um die Wundhydratation zu steuern; diese werden täglich oder jeden zweiten Tag gewechselt. Die Wunde kann mit Kochsalzlösung oder Leitungswasser gereinigt werden, wohingegen Alkohol oder Jodid zytotoxisch für die Zellen ist, die versuchen, die Arbeit der Heilung innerhalb der Wunde zu tun. Diese Reinigungsmittel aus einer vergangenen Epoche sollten nicht verwendet werden, um eine Wunde zu reinigen, die ohne Anzeichen einer Infektion gut heilt.
b) Postoperative Betreuung in der ersten Woche
Ich benutze kaum nicht resorbierbaren Fäden und wenn ich welche benutze, werden sie nach 7-8 Tagen enfernt. Steristrips werden angewendet, um die Spannung zu reduzieren. Eine Woche nach der Operation beträgt die Zugfestigkeit über einem Schnitt nur 3% von der ununterbrochenen Haut. Diese Zahl erhöht sich auf 20% während der dritten Woche, wenn das Remodeling beginnt, und auf 80% nach drei Monaten. Daher sollte das Hautband mindestens drei Monate lang über den Einschnitt aufgetragen werden, um die Spannung zu reduzieren.
c) Postoperative Betreuung in den ersten drei Monaten
Dies ist die Zeit, in der das Remodeling während eines normalen Wundheilungsprozesses auf seinem Höhepunkt ist. Während die meisten ordnungsgemäß entworfenen und ausgeführten operativen Schnitte weiterhin ohne signifikante Probleme heilen, werden hypertrophische Reaktionen auf die Inzisionen sich bestimmt während dieser Zeit zeigen. Daher ist die monatliche Klinikuntersuchung der Narbe vernünftig. Alle Patienten sollten aufgefordert werden, weiterhin die Wunde mit Hautband zu versorgen. Zusätzlich wird jedem Patienten empfohlen, in eine Klinik zurückzukehren zu einem früheren als dem festgesetzten Zeitpunkt, wenn die Wunde beginnt, "hypertrophisch" auszusehen.
Falls hypertrophische Zeichen auftreten, wird dies mit einer kombinierten Methode behandelt: Kompressionstherapie mit Siliconplatten, alle 4 Wochen Kortison (triamcinalon 40mg/ml etwa 0.5-1ml intralesional), Narben Massagen 2x tgl. mit
Vit A haltigen Öl (z.b Environ Body Öl).
Falls nach 3 Monaten keine Besserung eintritt, wird eine Kryotherapie oder Microneedling empfohlen.
Zum Schluss muss ich sagen, dass der wichtigste Teil der
Narbenbehandlung in meiner Praxis die volle Patienteninformation über den kompletten Behandlungsprozess ist, damit die Behandlung effektiv mit dem Patienten zusammen gemacht wird.
Schöne Grüsse aus Berlin,
Dr. Kamil Akhundov