Kleiner Schnitt – gar kein Schnitt: Wohin geht der Trend in der Ästhetischen Chirurgie? Die meisten Menschen denken bei Ästhetischer Chirurgie immer zuerst an das Skalpell, wo doch immer öfter von minimal-invasiven OPs die Rede ist. Zu aktuellen Trends und innovativen Operationsmethoden hat das Portal der Schönheit die Plastische Chirurgin Dr. Petra Berger (Frankfurt am Main und Zürich) interviewt.
Frau Dr. Berger, wir denken, dass der Trend zu „sanften“ Operationsmethoden auch in der Ästhetik angekommen ist. Dennoch scheint er - bis auf Botox® - viele noch gar nicht zu erreichen. Woran denken Sie, liegt das?
Frau Dr. Berger: „Richtig, es gibt inzwischen eine große Bandbreite an neuen Behandlungen und Beauty-Operationen und ebenso viele, die sie anbieten. Als Patient verliert man schnell den Überblick. Den meisten sind Faltenpräparate, wie z.B. Botox® bekannt. Sie sind wertvoll, wenn Sie von fachkundigen Kollegen wohldosiert angewendet werden. Fakt ist, dass dank vieler neuer Anti-Aging-Methoden das Skalpell heutzutage viel seltener zum Einsatz kommt.
Behauptet das nicht auch die Kosmetikwerbung? Bekanntermaßen bewirken Cremes nicht so viel.
Frau Dr. Berger: „Genau so ist es - aber genau in dem Feld zwischen Kosmetik und Operation sind die gering invasiven Behandlungen einzuordnen - ich würde sogar behaupten, dass wir hier von einem neuen Zeitalter der REGENERATIVEN CHIRURGIE sprechen.“
Bedeutet es, dass die Ästhetische Chirurgie sich mehr und mehr auf natürliche Methoden besinnt?
Frau Dr. Berger: „Es geht sogar weiter - Natürlichkeit bedeutet hier in erster Linie: Ästhetische Behandlungen setzen zunehmend auf körpereigene Mechanismen und Ressourcen, zum Beispiel die Brustvergrößerung mit Brustvergrößerung mit Eigenfett. Vor allem Frauen mit Fettpölsterchen verspricht diese 2in1 Methode zu Recht eine möglichst natürliche und sanfte Brust-OP. Einmal werden Problemzonen durch eine Fettabsaugung verschlankt und das hieraus gewonnene körpereigene Fett an anderer Stelle wieder eingesetzt, sei es für die Brustvergrößerung oder beim Lipofilling für die Unterspritzung von Falten. Gleichzeitig gibt es auch hier neue Entwicklungen, mit denen ein Verjüngungseffekt zusätzlich erzielt wird.“
Was genau verstehen Sie unter „Regenerativer Chirurgie“?
Frau Dr. Berger: „Der Begriff Regeneration bedeutet wörtlich Wiederherstellung - im Grunde genommen ist es eine Verjüngung oder auch Anti-Aging. In jedem Körper steckt das Potenzial dazu - und zwar in den Stammzellen. Das ist das spannendste Gebiet der Anti-Aging-Forschung. Unser heutiges Wissen ist schon bahnbrechend und wird bereits eingesetzt. Mit Hilfe der Stammzellen können wir Nanofett gewinnen und zur Faltenbehandlung im Gesicht einsetzen. Auch zur Regenerierung des Haarwachstums - was sicherlich viele Männer glücklich machen wird. Aber es ist noch viel mehr möglich - Kohlendioxyd zum Beispiel ist ein Verjüngungsspezialist!
Sie meinen die Carboxytherapie oder auch CO2-Behandlung?
Frau Dr. Berger: Ja, genau. CO2 oder Kohlendioxyd ist ein natürlicher Stoff, was unser Körper über die Atmung produziert. Wissenschaftliche Erkenntnisse haben gezeigt, dass der Einsatz von Kohlendioxyd im Gewebe den Stoffwechsel steigert, die Bildung von Kollagen anregt und das Gewebe mit Sauerstoff anreichert. Genau das tun wir - zum Beispiel bei Brust-Operationen mit Eigenfett oder beim Lipofilling. Dieses Verfahren schafft beste Voraussetzungen, damit das eingebrachte Eigenfett oder Eigenblut gut einwächst und zusätzlich das Hautbild verjüngt wird.“
Klingt spannend - aber Patienten können nicht wirklich beurteilen, wie innovativ bei Beauty-Operationen gearbeitet wird.
Frau Dr. Berger: „Aus diesem Grund ist es wichtig, dass mehr Aufklärung stattfindet. Patienten sind sehr wohl in der Lage zu differenzieren - Die wichtige Frage ist: WER kann WAS am besten und verfügt über die meiste Erfahrung? Das Gespräch mit einem spezialisierten Facharzt ersetzt nicht die Google-Suche. Fast jeder Bereich der Ästhetischen Chirurgie weist Innovationen vor. Nur bei einer detaillierten Aufklärung werden Patienten in die Lage versetzt, mündige Entscheidungen für eine Behandlungsmethode zu treffen.“
Frau Dr. Berger - dann lassen Sie uns doch gleich über ein neues Produkt sprechen - Sie gelten als Expertin für Brust-OPs mit Eigenfett, aber was sagen Sie als anerkannte Spezialistin zu den neuen superleichten Implantaten B-Lite?
Frau Dr. Berger: „Es ist zunächst wichtig zu wissen, dass man keine Brust mit Eigenfett vergrößern kann, wenn keines da ist! Das liegt in der Natur der Sache. Es bleibt also nur die Wahl, ein Fremd-Implantat zu verwenden. Die neuen Leichtimplantate überzeugen mich durchaus. Da die Silikonfüllung mit kleinen Hohlkugeln versehen ist, haben die Kissen bei gewünschtem Volumen viel weniger Gewicht. Der große Vorteil ist, dass die Brust sich im Laufe der Jahre deutlich weniger absenkt. Ein weiter Grund für mich, auf diese Implantate zu setzen, ist übrigens, dass die CE-zertifizierten B-Lite-Implantate in Deutschland produziert werden - was für mich ein ganz wichtiges Kriterium ist.“
Das ist nach dem PIP-Skandal sicher ein wichtiges Argument. Kommen wir zu einem Thema, über das viele Menschen nicht so gerne reden und es verständlicherweise auch ein großes Tabu ist.“
Frau Dr. Berger: „ Sie meinen Intim-Operationen.“
Ja - ist nicht gerade die Genital-Ästhetik mit vielen Ängsten verbunden?
Frau Dr. Berger: „Durchaus - dieses Thema ist sehr sensibel und Frauen haben oft einen riesigen Leidensdruck, bevor sie das Intimste von sich preisgeben und sich für eine Behandlung entscheiden. Nur wenige Frauen reden offen darüber, aber nach einer Geburt oder durch den normalen Alterungsprozess kann die Muskulatur der Vagina erschlaffen. Ein erfülltes Sexualleben ist hier Fehlanzeige. Die Vaginalverengung gehört mittlerweile - ob chirurgisch oder mit neuen Lasertechniken - zu einer der häufigsten Behandlungen in der Intim-Chirurgie. Sie sehen, der Fokus bei Intim-Operation liegt nicht nur in der Ästhetik. Intim-Operationen oder Behandlungen haben heutzutage weit mehr im Sinn als nur ästhetische Verbesserungen. Als Beispiel gilt die Schamlippen-OP oder auch als Labioplastik bekannt. Gerade Frauen nach der Menopause benötigen eine Intim-Operation, damit sie wieder schmerzfrei Geschlechtsverkehr haben können.“
Und hier kommt die Regenerative Chirurgie wieder ins Spiel?
Frau Dr. Berger: „Richtig! Bedenken Sie, dass viele Frauen nach der Menopause unter dieser Problematik leiden. In unserer Gesellschaft ist es nicht leicht, die eigene Jugendlichkeit - auch die nicht sichtbare - einzubüßen. Selbstverständlich altern auch die weiblichen Genitalorgane. Sie werden nicht mehr optimal durchblutet und trocknen immer mehr aus. Das liegt am sinkenden Östrogenspiegel nach der Menopause. Es ist also nicht mehr möglich, unbeschwert Sex zu haben, da dieser immer mit Schmerzen, Reizungen und Entzündungen verbunden ist. Es gibt keinen Grund, das als Frau hinzunehmen! Es ist wichtig, aufzuklären, dass betroffenen Frauen heutzutage sehr gut geholfen werden kann. Zum Beispiel mit einer intravaginaler Carboxytherapie. In einem bestimmten Behandlungsintervall wird CO2 in die Vaginalwände eingespritzt. So bekommt das Gewebe mehr Elastizität und Feuchtigkeit. Dieser minimale Aufwand sorgt bei betroffenen Frauen für großartige und spürbare Erfolge.“
Es ist toll, dass es immer mehr ästhetische Behandlungen gibt, die auch funktionelle Verbesserungen erzielen. Auch im Intimbereich!
Frau Dr. Berger: „Absolut. Es wird Zeit, einige Tabus zu brechen. Sexualität und Jugendlichkeit nach der Menopause und bis ins hohe Alter sind kein Widerspruch. Wir bieten auf diesem Gebiet weitaus mehr als nur das Skalpell. Aufklärung und ein vertrauensvolles Gespräch sind der Anfang - vielleicht erst recht mit einem weiblichen Spezialisten.“
Vielen Dank für das interessante und aufklärende Interview.
Letzte Aktualisierung am 10.04.2019.