PdS: Herr Dr. Neidel, Sie beschäftigen sich mit Haarverpflanzung, auch Haartransplantation genannt. Was genau ist das?
Herr Dr. Neidel: Das ist die Umverteilung von Haarwurzeln aus dicht behaarten Gebieten der Kopfhaut in kahle Stellen, dorthin, wo früher einmal Haare gewachsen sind. Das ist ein moderner mikrochirurgischer Eingriff, der in den oberen 3-5 Millimetern der Haut stattfindet.
PdS: Wer sind Ihre Patienten?
Herr Dr. Neidel: Das sind meistens Männer zwischen 30 und 60 Jahren, die sich gesund und fit fühlen, aber bei denen mehr und mehr die Kopfhaare ausfallen. Es bilden sich zunächst immer größere Geheimratsecken, der Haaransatz weicht nach oben und hinten zurück und es kann sich im hinteren Bereich eine so genannte Mönchstonsur bilden. Auch Frauen können unter dieser Art von Haarausfall leiden. Man nennt das androgenetische Alopezie.
PdS: Braucht man(n) so etwas?
Herr Dr. Neidel: Wir leben in Europa und die Bewohner ab 40ig fühlen sich jünger als sie sind. Die chirurgische Fachvereinigung DGPRÄC formuliert das so: „Der Blick in den Spiegel ist für viele Menschen ein Blick auf ihr Selbstbewusstsein, auf ihre Akzeptanz im Freundeskreis, auf ihren Erfolg am Arbeitsplatz." Und möglichst viel Haar auf dem Kopf ist ein Zeichen für Jugendlichkeit, Dynamik und Attraktivität. Gerade die psychologische Wirkung eines solchen Eingriffs wird häufig unterschätzt. Die Harvard-Professorin für Psychologie Ellen Langer schreibt in ihrem aktuellen Buch Counterclockwise (Gegen den Uhrzeigersinn), dass wir alle Opfer von Klischees über Alter und Krankheit sind. So treten körperliche Gebrechen weniger hervor, wenn man selbst der festen Überzeugung ist, noch jung und leistungsfähig zu sein. Das wurde durch äußerst interessante Studien belegt. Deshalb ist und bleibt das Thema Haare immer wichtig und aktuell.
PdS: Gibt es eine Altersgrenze für die Haartransplantation?
Herr Dr. Neidel: Nein, mein ältester Patient war 82 Jahre alt. Er litt an Mb. Parkinson, auch Schüttelkrankheit genannt. Er sagte mir, dass er eine schwere Zeit habe und sich wenigstens beim täglichen Blick in den Spiegel an den neuen Haaren erfreuen wolle. Diesen Wunsch konnte ich ihm erfüllen.
PdS: Und wer kommt dann zu Ihnen in die Sprechstunde?
Herr Dr. Neidel: 85 Prozent sind Männer, 15 Prozent Frauen. Da sind vom Banker, Lehrer über den Handwerksmeister bis hin zum Profisportler alle Berufsgruppen vertreten. Jeder wünscht sich so viel wie möglich Haare in die Kahlstellen. Und das Ganze muss außerordentlich natürlich aussehen. Der Eingriff soll für andere nicht sichtbar sein, denn das ist eine private und vertrauliche Angelegenheit.
PdS: Wie erkenne ich dann einen transplantierten Patienten?
Herr Dr. Neidel: Früher sah man kleine Haarbüschel, ähnlich wie bei einer Puppe. Diese Zeiten sind vorbei. Mit den heutigen modernen Methoden unter Einsatz von Mikroskop und Lupenbrille ist es uns möglich, die Natur quasi 1:1 zu rekonstruieren, ohne dass es auffällt. Die gut operierten Patienten können an Ihnen vorbei laufen; Sie würden es nicht erkennen.
PdS: Wie läuft eine Haartransplantation ab?
Herr Dr. Neidel: Eine ausführliche Beratung in meiner Haarsprechstunde ist der erste Schritt. Ich analysiere dann die Haarsituation und schlage Lösungsmöglichkeiten vor. Sind Erkrankungen ausgeschlossen, werden ein persönliches Behandlungskonzept und ein genauer Kostenvoranschlag erstellt
PdS: Wie hoch sind denn die Kosten und übernehmen das die Krankenkassen?
Herr Dr. Neidel: Die Kosten sind abhängig vom Behandlungsumfang und liegen zwischen drei- und achttausend Euro. Die Krankenkassen übernehmen die Behandlungskosten nicht immer. Aber zum Beispiel nach einem Unfall oder einer Bestrahlung können die entstandenen Narben wieder mit Haarwurzeln aufgefüllt werden und das wäre erstattungsfähig.
PdS: Ist der Eingriff schmerzhaft?
Herr Dr. Neidel: Gleich vorweg: Schmerzen müssen heutzutage nicht mehr sein. Die gesamte Behandlung wird im Dämmerschlaf unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Sie ist damit absolut schmerzfrei. Lediglich den Piecks der Spritze spürt man etwas. Aber das war es dann auch schon.
PdS: Was wird am Behandlungstag genau gemacht?
Herr Dr. Neidel: Wir fertigen Fotos von der aktuellen Haarsituation an und besprechen das Gebiet, in welches die Haarwurzeln verpflanzt werden sollen. Die zukünftige Haarlinie wird angezeichnet und mit unserem ästhetischen Empfinden abgestimmt. Alles wird später so natürlich wie möglich rekonstruiert sein. Das bedarf einer guten Vorbereitung und Planung. Dann gibt es ein Antibiotikum, damit sich später nichts entzündet und ein Beruhigungsmittel für den Dämmerschlaf. Ist das Behandlungsgebiet schonend örtlich betäubt, dann entnehmen wir die Haarwurzeln aus dem hinteren oder seitlichen Haarkranz. Das erfolgt entweder für jede Wurzel einzeln oder in einem Hautstreifen. Anschließend präparieren wir die Haarwurzeln unter dem Mikroskop für die spätere Transplantation. Das ist der Schlüssel für später absolut schöne und natürliche Resultate. Abschließend werden die Haarwurzeln in 0,7-1 mm kleine Pflanzkanäle mit Spezialpinzetten hinein transplantiert. Es bildet sich Wundschorf bzw. eine Kruste, die das Herausfallen der Haarwurzeln verhindert. Somit ist kein Verband erforderlich und der Patient verlässt nach etwa 4-6 Stunden völlig entspannt unsere Praxis. Als Sichtschutz gegen neugierige Blicke gibt es für die nächsten Tage eine Baseballkappe.
PdS: Wie lange sieht man die Spuren der Behandlung?
Herr Dr. Neidel: Etwa 7-12 Tage, je nach Heilverhalten der Haut. Nach 3 Tagen kann man bereits vorsichtig Haare waschen. Auch Sport ist wieder nach 5 Tagen möglich. Shampoo und Pflegehinweise gibt's in der Praxis mit auf den Weg. Ein Merkzettel hilft und klärt auf, wann man wieder in die Sauna gehen kann, Haare färben, Helm tragen usw.
PdS: Wann bekommt man einen Termin zur Behandlung?
Herr Dr. Neidel: Die Termine müssen gut abgestimmt sein. Wir haben einen Vorlauf von 2-3 Monaten. Die Anfragen vor Feier- oder Brückentagen sind natürlich besonders hoch. Man sollte im Anschluss noch eine Woche Urlaub nehmen, z.B. Sylt! Danach ist man erholt und keiner aus der näheren Umgebung sieht noch die Spuren der Behandlung.
Das Haarwachstum setzt langsam und immer stärker werdend nach 3 Monaten ein. Nach einem Jahr ist dann die volle Haarpracht sichtbar.
PdS: Und die neuen Haare fallen nicht mehr aus?
Herr Dr. Neidel: Die transplantierten Haare wachsen ein Leben lang. Das begründet sich aus der Unempfindlichkeit ihrer Haarwurzeln gegen männliches Hormon (Dihydrotestosteron). Folgebehandlungen können erforderlich werden, z.B. wenn der Haarausfall weiter geht oder ein noch dichteres Resultat gewünscht wird. Oft kommen Patienten, die ich vor mehr als 10 Jahren behandelt habe. Die Haare wachsen noch immer und sie sind immer noch zufrieden. Dann höre ich Sätze wie: „Das war die beste Investition in meinem Leben" oder „Ich habe den Schritt zur Haartransplantation nie bereut, im Gegenteil: ich hätte es noch früher tun sollen, denn ich fühle mich seitdem wieder vollkommen gut und wohl in meiner Haut". Das sind dann die kleinen Erfolgserlebnisse, die mich in meinem Job bestätigen und mich das jeden Tag wieder gern machen lassen.
Profil von Herr Dr. Neidel -
Spezialpraxis Haartransplantation
Weitere Infos
www.hairdoc.de
Letzte Aktualisierung am 31.01.2017.