PdS: Frau Dr. Berger, die Brustvergrößerung mittels Silikonimplantat hat in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erfahren. Nun scheint es jedoch eine Gegenbewegung zu geben und immer mehr Frauen wollen sich ihre Implantate wieder entfernen lassen. Täuscht dieser Eindruck? Welche Erfahrungen machen Sie in Ihrer Praxis?
Frau Dr. Berger: Sehr unterschiedliche. Für Frauen mit wenig Fettgewebe stellen Silikonimplantate auch weiterhin eine sehr gute Wahl dar, um sich den Wunsch nach einem größeren Busen zu erfüllen. So habe ich Patientinnen, die stehen auch Wochen nach der OP noch täglich vor dem Spiegel und beglückwünschen sich zu ihrer Entscheidung. Allerdings fragen mich tatsächlich immer mehr verzweifelte Frauen, die an eine Implantatentfernung denken, um Rat.
PdS: Und was raten Sie diesen Frauen?
Frau Dr. Berger: Das ist natürlich von dem individuellen Fall abhängig. Manche Frauen haben sich zu viel des Guten gewünscht und sind nun über das offensichtlich unnatürliche Ergebnis verwundert. Ein natürlich geformtes Implantat kann hier die Lösung sein. Allerdings gibt es auch Frauen, die eine optisch gelungene Brustvergrößerung bekommen haben und trotzdem total unglücklich sind.
PdS: Welche Ursachen gibt es hierfür?
Frau Dr. Berger: Der Grund dafür ist ein Fremdkörpergefühl, denn Silikon - und da sollte man sich nichts vormachen - ist nun mal kein natürliches Material. Das verursachte Fremdkörpergefühl werden die betroffenen Frauen weder durch gutes Zureden noch durch längeres Abwarten wieder los. Dieser Effekt lässt sich bei keiner Patientin vorhersagen. Manche haben damit kein Problem, andere quälen sich damit. Wenn sie im Bett auf ihren Silikonbrüsten liegen, zum Schwimmen gehen oder sonstigen Sport betreiben - andauernd kreisen ihre Gedanken um die Implantate. Da hilft im Grunde nur deren Entfernung. Wir sind gerade an einer Studie beteiligt, um mehr über dieses Phänomen zu erfahren.
PdS: Wann kann noch eine Implantatentfernung sinnvoll sein?
Frau Dr. Berger: Das implantierte Silikongel kann in manchen Fällen Schmerzen verursachen, die sich wie tausend Nadelstiche anfühlen, wie mir schon einige Patientinnen berichtet haben. Dabei ist es möglich, dass nur eine Brust schmerzt, während sich die andere ganz normal anfühlt. Außerdem stellen Kapselfibrosen (Verhärtung der bindegewebigen Hülle, Anm. d. Red.) ein Problem dar. Sie können nach einer Brustvergrößerung mit Silikon immer wiederkehren.
PdS: Das sind ja ziemlich viele Gründe, die für eine Implantatentfernung sprechen. Sicher vermeiden viele Frauen diesen Schritt, weil sie dadurch eine „Verschlimmbesserung" befürchten. Ist diese Angst berechtigt?
Frau Dr. Berger: Wie das Ergebnis nachher aussieht, hängt zum einen vom Ausgangsbefund ab, zum anderen aber natürlich auch davon, wie vorher an der Brust operiert wurde. Dennoch kann ich Interessentinnen beruhigen. Im Allgemeinen können wir mit einer kleinen Straffung - manchmal sogar ohne - vieles verbessern. Besonders in Verbindung mit Volumenbildung durch Eigenfett lässt sich wieder ein schöner Busen modellieren.
PdS: Bedeutet das, dass die betroffenen Frauen nur zwischen a) Weiterleben mit künstlichen Brüsten, die ihnen Fremdkörpergefühle bereiten und b) Zurück zur kleinen Brust, die sie früher nicht mochten, wählen können?
Frau Dr. Berger: Nein, sie können wählen zwischen a), b) und c).
PdS: Das klingt hoffnungsvoller. Was steckt hinter der Alternative c)?
Frau Dr. Berger: Die dritte Alternative ist eine Brustvergrößerung mit natürlichem Füllmaterial. Hierfür kann beispielsweise Macrolane, eine Hyaluronsäure, verwendet werden. Dabei handelt es sich um eine biologische Zuckerart, die sich jedoch abbaut, wenn sie nicht in regelmäßigen Abständen nachgefüllt wird. Für Frauen ohne eigenes Fettdepot ist das dennoch eine überlegenswerte Methode. Frauen mit eigenen Fettpölsterchen steht noch eine weitere, sehr innovative Möglichkeit der Brustvergrößerung zur Verfügung, die Lipkondensierung.
PdS: Was können wir uns darunter vorstellen, Frau Dr. Berger?
Frau Dr. Berger: Die Lipokondensierung nutzt als Ausgangsmaterial die adulten Fettstammzellen der Patientin. Diese werden in einem aufwändigen Prozess angereichert und purifiziert. Dadurch wird zusätzliches und sehr reines Fettgewebe erhalten, das im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren überdurchschnittlich hohe Anwachsraten von 70 bis 90 Prozent verspricht. Nicht zuletzt deshalb, weil es aus körpereigenen Zellen der Patientin entstanden ist. Das erhaltene Material kann überall am Körper eingesetzt werden. Wir sprechen daher auch von Bio-Shaping.
PdS: Das klingt wirklich sehr innovativ. Über ein Fremdkörpergefühl müssen sich die Patientinnen dann sicher nicht mehr beklagen. Das wird Betroffenen neue Hoffnung geben. Vielen Dank Frau Dr. Berger für ihre Erläuterungen zum Thema Implantatentfernung.
Letzte Aktualisierung am 04.05.2023.