Wie viele deutsche Frauen tragen defekte Silikonkissen des französischen Hersteller PIP? Eine bundesweite Zählaktion soll Aufschluss über die Anzahl der Trägerinnen bringen. Dennoch können nicht alle Betroffenen erfasst werden.
Jetzt will das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte es wirklich wissen und startet eine bisher einmalige Aktion: Alle bundesweiten niedergelassenen Chirurgen und Krankenhäuser sollen Auskunft darüber erteilen, wie vielen Frauen die PIP-Implantate eingesetzt wurden.
Schon seit Monaten versetzt der Skandal um die defekten Silikonkissen Europa in Angst. In Frankreich wurde den rund 30.000 betroffenen Frauen geraten, die gefährlichen Implantate entfernen zu lassen. Das BfArM und die Medizinerverbände haben sich dieser Empfehlung angeschlossen. Leider ist nicht klar, wie viele Frauen die gefährlichen Silikonkissen tragen. Bislang gibt es nur eine Schätzung der unterschiedlichen Länder, die bei weniger als 10.000 liegt. Die bundesweite Anfrage soll nun Klarheit bringen. Erste Ergebnisse sollen voraussichtlich in der letzten Februarwoche vorliegen. Ärzte sind dazu verpflichtet, Daten über Implantationen 20 Jahre aufzubewahren.
Was genau von den Ärzten und Kliniken abgefragt wird, das ist den einzelnen Ministerien überlassen. Ob nur die Anzahl der eingesetzten Implantate erfasst wird oder auch die Frage gestellt wird, ob es schon zu Problemen gekommen ist, steht noch nicht ganz fest. In Nordrhein-Westfalen hat das Gesundheitsministerium erste Zahlen vorgelegt: In der Zeit vom Januar 2001 bis zum April 2010 haben ca. 500 Patientinnen die PIP-Silikonkissen erhalten. Es ist Aufgabe der Ärzte mit den betroffenen Frauen über eventuelle Maßnahmen zu sprechen.
Die Behörden dämpfen allerdings die Erwartungen solch einer Erhebung, da man davon ausgehen kann, dass die Zahl der betroffenen Frauen höher ist. Das liegt zum einen daran, dass zahlreiche Frauen sich die Brustimplantate im Ausland haben einsetzen lassen und zum anderen sind noch nicht alle Vertriebswege bekannt. Nach vorliegenden Erkenntnissen hat der Hersteller das Geschäft mit einer enormen kriminellen Energie betrieben.
In der letzten Woche wurde der Geschäftsführer des Unternehmens Jean-Claude Mas in seinem Landhaus festgenommen und erneut vernommen; mittweile wurde er aber gegen Kaution von 100.000 Euro wieder auf freien Fuß gesetzt. Laut seines Anwalts wird ihm „nur noch" Körperverletzung und nicht mehr fahrlässige Tötung vorgeworfen, was bedeutet, ihm droht eine geringere Strafe.
Letzte Aktualisierung am 30.01.2012.