PdS: Herr Dr. Ferrara, als beratendem Arzt im Portal der Schönheit wird Ihnen immer wieder die Frage gestellt: Wie hoch sind die Risiken bei einer Brustvergrößerung? Und was kann man tun, wenn es schief geht?
Dr. R. Ferrara: Nach den weltweiten Statistiken gibt es bei acht bis zehn Prozent aller Brustaugmentationen Probleme und Komplikationen.
PdS: Und welche Art von Komplikationen können auftreten?
Dr. R. Ferrara: Wie bei jedem chirurgischen Eingriff kann es zu Nachblutungen, einer Infektion oder zu Seromen kommen. Oft verheilen die Narben nicht gut. Und speziell im Bereich der Brust entstehen häufig Kapselfibrosen, das heißt, es bildet sich schmerzhaftes, entzündetes Narbengewebe um das Implantat herum. Manche Patientinnen klagen über eine Empfindlichkeit der Brustwarzen oder ein Fremdkörpergefühl in der Brust. Manchmal kommt es zu Rippling, also Faltenbildung, oder zu Double Bubble, einer Stufenbildung im Gewebe. Unter Bottoming out versteht man ein Durchsacken des Gewebes, wenn das Implantat zu schwer ist oder zu tief eingesetzt wird. Zuweilen ist die Silikoneinlage deutlich tastbar. Oder die Patientin ist mit dem Ergebnis, mit Form und Größe schlicht unzufrieden.
PdS: Welches sind die zwei häufigsten Komplikationen, die Ihnen in Ihrer Praxis begegnen?
Dr. R. Ferrara: Nun, das weitaus häufigste Problem entsteht, wenn die Patientin vom Operationsergebnis grundsätzlich enttäuscht ist. Die zweithäufigste Komplikation ist die Kapselfibrose.
PdS: Herr Dr. Ferrara, wie kommt es zu dieser Unzufriedenheit der Patientinnen?
Dr. R. Ferrara: Aus medizinischer Sicht liegen dann zwar keine typischen postoperativen Komplikationen vor, die Frauen sind aber dennoch vom Ergebnis der Augmentation nicht überzeugt.
PdS: Aber wird nicht im vorhergehenden Beratungsgespräch ausführlich besprochen, wie das bestmögliche Ergebnis in etwa aussehen wird?
Dr. R. Ferrara: Doch, natürlich. Im Beratungsgespräch kann und soll die Frau ihre Vorstellungen äußern. Der Arzt klärt sie darüber auf, wie ihre Wünsche im Hinblick auf ihre Anatomie realistisch umgesetzt werden können.
PdS: Es ist schwer vorstellbar, dass Frauen nach der Operation mit einem vorab ausführlich besprochenen Ergebnis unzufrieden sind. Wie erklären Sie sich das?
Dr. R. Ferrara: Das hängt von einer ganzen Reihe von Fragen ab: Hat die Frau auch tatsächlich ihre Wünsche offen geäußert, ist der Operateur entsprechend darauf eingegangen, wurden alle Möglichkeiten durchgesprochen? Hat überhaupt ein Beratungsgespräch vor dem Eingriff stattgefunden? Wie ist die Operation selbst verlaufen und wie sieht das Endergebnis dann tatsächlich aus?
Häufig tragen Frauen ja auch jahrelang den Wunsch nach einer Brustvergrößerung mit sich herum. Dabei entsteht ein gewisses Bild im Kopf. Wenn die Realität dann von diesem Bild abweicht, kann das durchaus enttäuschend sein.
PdS: Ja, verständlich. Zuweilen ist dann wohl der Patientenwunsch mit der Wirklichkeit einfach nicht vereinbar?
Dr. R. Ferrara: So ist es. Wir erleben Fälle, da hilft auch ein gründliches Beratungsgespräch über das bestmögliche Ergebnis nichts – die Idee der Patientin vom „Machbaren“ ist eine andere.
PdS: Welche „Grenzen des Machbaren“ gibt es bei der Brustvergrößerung? Sind das immer medizinische Gründe, wie beispielsweise Gewebe, das nicht dehnbar genug ist?
Dr. R. Ferrara: Darauf kann ich nur mit „Jein“ antworten. Grundsätzlich liegt immer eine medizinische Begründung vor, warum nicht alle Wünsche der Patientinnen umsetzbar sind: Die Brust ist vielleicht einfach zu klein, von Natur aus asymmetrisch, hat Schlupfwarzen, sehr schwaches Bindegewebe, oder es liegt eine tubuläre Brust vor. Das alles setzt den Möglichkeiten des Chirurgen natürlich Grenzen.
Oft kommen aber noch psychische Probleme von Seiten der Patientin hinzu: Ihre Vorgeschichte, ihre Selbstwahrnehmung, äußere Bedingungen, eventuelle Depressionen. Solche Voraussetzungen lassen sich aber nicht mit der Operation verändern.
PdS: Und wie geht man damit um?
Dr. R. Ferrara: In solchen Fällen sollte der Chirurg vorab alle Informationen und möglichen Konsequenzen eines Eingriffs abwägen und die Patientin entsprechend beraten. In einigen Fällen ist es sogar besser, von der Brustvergrößerung ganz oder zeitweise Abstand zu nehmen.
PdS: Aber der Eingriff könnte doch in jedem Fall dazu beitragen, dass die Patientin sich besser fühlt?
Dr. R. Ferrara: Das stimmt leider nicht immer. Manchmal ist es absehbar, dass der Chirurg den bestehenden Erwartungen gar nicht entsprechen kann, und dann ist der Misserfolg für beide Seiten vorprogrammiert.
PdS: Und die zweite mögliche Komplikation, die Kapselfibrose, wie steht es damit?
Dr. R. Ferrara: Eine Kapselfibrose bildet sich meist innerhalb von 36 Monaten nach der Brustvergrößerung aus. Bemerkbar macht sie sich durch starke Schmerzen. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Verhärtung der Brust bis hin zu einer Verschiebung. Das kann allerdings auch mehrere Jahre nach dem Eingriff passieren. Kapselfibrose ist mit die gravierendste Komplikation, die überhaupt vorkommen kann.
PdS: Wie gehen Sie mit all diesen Risiken und drohenden Komplikationen um?
Dr. R. Ferrara: Gründliches methodisches Vorgehen ist wichtig. Ich erhebe den Befund, frage die Patientin nach ihrem Wunsch und erörtere genau, ob und wie man diesen am besten umsetzen kann.
PdS: Nehmen wir einmal so eine Patientin mit deutlich sichtbaren Komplikationen, wie der Kapselfibrose oder ungleichen Brüsten: Mündet das unweigerlich in einer neuen Operation?
Dr. R. Ferrara: Ja, in genau diesen Fällen ist in 98% der Fälle nur eine operative Korrektur möglich.
PdS: Und welche Aussichten haben solche Korrektur-Operationen?
Dr. R. Ferrara: Ausgezeichnete, denn die Patientinnen sind zuallererst erleichtert über einen guten Verlauf und ein deutlich verbessertes Ergebnis.
PdS: Und ist damit auch das Risiko von weiteren Operationen künftig auszuschließen?
Dr. R. Ferrara: Garantien gibt es einfach nicht. Jeder Körper reagiert anders. Warum und wann sich beispielsweise eine Kapselfibrose entwickelt, wissen wir nicht. Natürlich haben wir medizinisch viele Möglichkeiten, wir arbeiten mit aller Sorgfalt und versuchen, gute und realistische Voraussetzungen zu schaffen. Aber oft kommen bei solchen Komplikationen einfach mehrere ungünstige Faktoren zusammen.
Herr Dr. Ferrara, wir danken Ihnen für dieses ausführliche und aufschlussreiche Interview.
Letzte Aktualisierung am 04.05.2023.