Zu diesem Plan gelangte das Unternehmen nach einer Marktstudie, die zu erschreckenden Ergebnissen kam. Vielen der "selbsternannten" Schönheitschirurgen in der Schweiz mangelt es schlicht an Routine und Erfahrung im Umgang mit den Operationen, so der Geschäftsführer der Acredis Stefan Hägeli. Das gilt für Plastische Chirurgen ebenso wie für Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, die ästhetisch-plastische Eingriffe durchführen, aber auch Hautärzte und Gynäkologen, die ihren Patienten immer häufiger Fett absaugen, Brüste operieren oder auch Straffungen ganzer Körperpartien anbieten.
Dazu kommt ein Heer an selbst ernannten Experten, angefangen beim Hausarzt über Kosmetikerinnen bis hin zu völlig unqualifizierten Anbietern. Allen gemeinsam ist, dass sie eine breite Palette an operativen Eingriffen offerieren, für die sie gar nicht geschult sein können.
Mit dem Acredis Qualitäts-Gütesiegel soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden, fachlich qualifizierte Ärzte von schwarzen Schafen unterscheiden zu können. Doch die Schweizer Chirurgen sind sauer, aus Angst unverschuldet als schlechtere Ärzte wahrgenommen zu werden, nur aufgrund fehlender Zusammenarbeit mit der Firma Acredis. Um sich zertifizieren zu lassen, müssen sich Ärzte einer freiwilligen und sehr strengen Kontrolle der Acredis unterziehen. Bei den Tests geht es um Kriterien wie die Aus- und Weiterbildung des jeweiligen Arztes, dessen Erfahrung und den fachlichen Umgang mit dem Patienten.
Insgesamt werden etwa 300 Punkte abgefragt. Zusätzlich führt die Acredis eine Patientenbefragung durch, bei der der jeweilige Eingriff bewertet wird. Anhand eines Einblickes in diese gesammelten Daten können sich Patienten zukünftig gegen eine Gebühr von 150 Franken bei der Wahl eines Chirurgen orientieren. Schließlich erhalten sie eine Liste mit drei bis fünf für den Eingriff in Frage kommenden Medizinern.
Bisher haben sich lediglich 38 Ärzte (Stand August 2007) aus der Schweiz und den grenznahen Gebieten diesen Tests unterzogen. Die Kritik der Schweizerischen Gesellschaft für Plastische Chirurgie sieht genau hier das Problem - Mediziner die sich dieser Prozedur nicht unterziehen wollen könnten in Zukunft völlig zu Unrecht in den Ruf kommen, schlechtere Ärzte zu sein. Die Gesellschaft für Plastische Chirurgie fürchtet die systematische Entwertung ihres Berufsstandes, eine Verletzung der Standesregeln und unlauteren Wettbewerb.
Deren Geschäftsführerin Catherine Perrin wirft der Acredis fehlende Objektivität und Neutralität aufgrund einseitiger wirtschaftlicher Interessen vor. Und tatsächlich, wird einer der vorgeschlagenen Ärzte in Anspruch genommen erhebt die Acredis einen `Mandatsgebühr´ von etwa 500 Franken, die letztlich dem Arzt in Rechnung gestellt werden. Hinzu kommt eine Jahresgebühr von 1800 Franken für die Registrierung bei der Acredis.
Prominente Unterstützung erhielt das Züricher Start-Up-Unternehmen erst jüngst durch den ehemaligen Präsidenten des Schweizerischen Gesellschaft für Plastische Chirurgie Jan G. Poëll, der mittlerweile im Ärztebeirat der Acredis tätig ist und von der Seriosität des Unternehmens überzeugt ist. Ähnlich positiv über diese Entwicklung äußerten sich außerdem der Schweizerische Versicherungsverband und der Krankenkassendachverband Santésuisse.
Kritische Stimmen sind dagegen von Datenschützern zu hören, denn akkreditierte Ärzte müssen dem Unternehmen umfassenden Zugang zu Patientenakten und Geschäftsunterlagen gewähren.
Letzte Aktualisierung am 16.04.2010.